Münster nach Streuber 1854

Basel feiert dieses Jahr 1000 Jahre Münsterweihe. Das ältere Münster war beim Ungarensturm 917 zerstört worden. 
Kaiser Heinrich II. bezahlte den Wiederaufbau und beschenkte die Kirche reich. Was wir heute als ‹unser› Münster so sehr schätzen ist allerdings nicht mehr das Heinrichsmünster, denn dieses fiel 1356 dem grossen Basler Erdbeben zum Opfer. 

 

Ansicht des Basler Münsters aus Streuber 1854 (zwischen S. 268 und 269).

 

Streuber, Wilhelm Theodor, Die Stadt Basel, historisch-topographisch beschrieben, Basel 1854, vor S. 269 (Originalbild ca. so gross wie eine Jasskarte).

Asymmetrie der Barfüsserkirche

Wenn zwei Leute über die Barfüsserkirche sprechen, so wird sehr wahrscheinlich die Asymmetrie ihrer Westfassade angesprochen. 
Die häufig erzählte Geschichte vom Architekten, der sich wegen der asymmetrischen Fassade aus dem obersten Fenster ebendieser gestürzt haben soll, ist historisch nirgends belegt – es handelt sich um eine urban legend. 

Eine bisher vertretene Erklärung für die Asymmetrie, die sich von der Doppeltür über das grosse Fenster und die schmale Lichtscharte bis zur Dachspitze zieht, ist eine Planänderung. Demnach sollen die verschobenen Positionen durch während den Bauarbeiten erfolgte Änderungen im Plan verursacht sein, namentlich dem Entschluss die beiden Seitenschiffe unterschiedlich breit zu bauen. Diese Erklärung überzeugt nicht, weil es dafür ebenfalls keine schriftlichen Quellen gibt und sie nicht mit der baulichen Geschichte übereinstimmt.

Planänderungen mögen erfolgt sein und die beiden Seitenschiffe waren und sind tatsächlich unterschiedlich breit, doch auf die Verteilung der Öffnungen in der Fassade hatte das keinen Einfluss. Wei ein Blick auf den Grundriss der Kirche zeigt, bilden die Seitenwände des Chors, die Pfeilerreihen im Hauptschiff und die beiden Strebepfeiler an der Westfassade eine Flucht. Folglich sind sie von Anfang an geplant und genau so ausgeführt, denn der Chor wurde als erster Teil der Kirche errichtet. Für die exzentrische Position der Öffnungen in der Fassade kommen somit nur noch zwei Erklärungen in Frage: 1. Mess- oder Baufehler (oooops, da ist was schief gelaufen) oder 2. bewusste Asymmetrie. 
Die zweite Erklärung überzeugt vor allem, weil gotische Bauwerke trotz ihrer geometrischen Konstruktion und formalistischen Mathematik oft und gerne asymmetrisch sind. Für die Barfüsser- oder Franziskaner ist zudem die gewollte Unvollkommenheit plausibel, denn nur Gott ist vollkommen. Oder als Gesamtkunstwerk gedacht: Der Chor als Allerheiliges ist lichtdurchflutet, symmetrisch, massiv gebaut, erhaben und erhoben, …, perfekt eben (ad maiorem Dei gloriam); das Schiff dagegen ist halbdunkel, asymmetrisch, billig gebaut, tiefer gelelgt, …, passend zur Welt und zum Menschen eben nicht perfekt. 

 

Barfüsserkirche_Asymmetrie.

 

Mehr zur Barfüsserkirche: 
Fehlmann, Marc / Hofmeier, Thomas, Die Barfüsserkirche, in: Baumann & Cie, Banquiers (ed.), Basler Kostbarkeiten 39, Basel 2018; 60 S., 37 meist farbige Abbildungen, grosse Falttafel mit Plänen und Zeitstrahl.
Käuflich im Historischen Museum für 6.– CHF.

St, Johanns-Tor, alte Ansichtskarte

Von 1874 bis 1984 trug das St. Johanns-Tor ein hohes Dach. 
Immer auch interessant auf den alten Postkarten ist das Personal: Strassenwischer, ein Uniformierter mit geschultertem Gewehr und ein Velofahrer. 
Diese Ansichtskarte trägt auf der Rückseite die Beschriftung «Postkarte» in acht Sprachen.

 

St. Alban-Tor um 1915

Man erkennt das St. Alban-Tor kaum auf dieser Ansichtskarte (Poststempel 1915).

Die grössten Abweichungen zum älteren Zustand (vor 1873) oder heutigen (nach 1976) sind das hohe Dach, die riesige Uhr anstelle des Wehrerkers und der Balkon im zweiten Geschoss. 

 

St. Alban-Tor

 

 

Barfüsserkirche als Kaufhaus: Dubois 1853

In kräftigen Farben und sicheren Strichen hat Louis Dubois ein Bild der Barfüsserkirche als Kaufhaus geschaffen. In dem etwas ‹süssen› Helgen sind zahlreiche Details zu entdecken, darunter auch Fehler, wie etwa der kleine Treppenturm am Chor (falsche Stelle vor dem Strebepfeiler). Der krasseste Fehler ist gewiss die dargestellte, aber in Wirklichkeit nie vorhandene Symmetrie der Westfassade (Mittelteil: Tür, grosses Fenster, Lichtschlitz, Giebelspitze) – zwei gleich breite und somit symmetrische Seitenschiffe waren hingegen zu jener Zeit vorhanden. 

Putziger als auf anderen Bildern der Barfüsserkirche sind hier die Störche im Nest, das die Stelle des 1812 abgebrochenen Dachreiters/Glockentürmchens einnimmt. 

 

Das Kaufhaus in der Barfüsserkirche, 1853.

Barfüsserkirche als Kaufhaus 1853.

Louis Dubois, Bleistiftzeichnung und Gouache, signiert und datiert: 
«Louis Dubois fecit.   Das Kaufhaus in Basel.    Basel den 12 Decemb 1853»
Historisches Museum Basel, Inv. Nr. 2001.632.

Mehr zur Barfüsserkirche: 
Fehlmann, Marc / Hofmeier, Thomas, Die Barfüsserkirche, in: Baumann & Cie, Banquiers (ed.), Basler Kostbarkeiten 39, Basel 2018; 60 S., 37 meist farbige Abbildungen, grosse Falttafel mit Plänen und Zeitstrahl.
Käuflich im Historischen Museum für 6.– CHF.

Barfüsserkirche, Hotz (nach 1832)

Kleine Hefte, als Reiseführer im Taschenformat gedacht, sollten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Einheimischen und Besuchern die Sehenswürdigkeiten der Stadt näherbringen. Die wenigen Abbildungen konzentrierten sich auf die wichtigsten Bauten, zu denen die Barfüsserkirche damals offenbar zählte:

Man beachte das Storchennest anstelle des Dachreiters/Glockentürmchens.

 

 

Hotz, Rudolf, Basel. Eine Schilderung für Einheimische und Fremde, Basel, nach 1882, 88 S., Bild der Barfüsserkirche S. 37 (Breite des Originalbildes 8,9cm).

Mehr zur Barfüsserkirche: 
Fehlmann, Marc / Hofmeier, Thomas, Die Barfüsserkirche, in: Baumann & Cie, Banquiers (ed.), Basler Kostbarkeiten 39, Basel 2018; 60 S., 37 meist farbige Abbildungen, grosse Falttafel mit Plänen und Zeitstrahl.
Käuflich im Historischen Museum für 6.– CHF.

Barfüsserkirche als Kaufhaus, Streuber 1854

Obwohl nicht alles stimmt, was Streuber in seinem Reiseführer zur Stadt Basel 1854 über die Barfüsserkirche sagt, ist es doch ein spannendes Zeugnis: 

S. 303

«Eine Kirche, die gegenwärtig nicht mehr zum Gottesdienste  benutzt wird, die aber künstlerisch sehr merkwürdig ist, ist die Franziskaner- oder Barfüßser-Kirche. Die Anhänger des H. Franz von Assisi siedelten sich, wie oben erzählt, im Jahr 1234 in Basel an; aber erst zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts oder in den ersten Jahrzehnten des vierzehnten ist wohl der äußere Bau des Klosters und der Kirche vollendet gewesen. Beim Erdbeben 1356 ist das Schiff ohne Zweifel großentheils zusammengestürzt; vom Chor ist vermuthlich mehr stehen geblieben. Die gegen den Barfüßerplatz schauende Vorderseite zeigt zwischen zwei stark hervorspringenden Strebepfeilern eine durch einen reich gegliederten Pfeiler in zwei Theile in zwei Theile getheilte, mit Spitzbogen überwölbte Eingangspforte und über derselben ein hohes schön gebildetes Fenster. Der obere durch drei starke Bogenlinien begränzte Theil desselben zeigt eine Rose, deren Gliederung drei länglicht gebogene und drei durch das Dreieck gebildete Grundformen hat, welche sämmtlich in dem Mittelpunkt der Hauptform zusammenlaufen.  Diese Rose ist getragen von drei Haupt-

S. 304

feltdern des unteren Fensters, deren jede sich wieder in zwei Theile theilt. Die Kirche ist in der Basilikenform in große ehrfurchtgebietenden Verhältnissen (selbst größern als das Münster) gebaut. An das 32’ 7’’ breite Mittelschiff lehnen sich die beiden um einige Fuß  schmälern ebenen Seitenschiffe an, die früher nur 16’ und einige Zoll gemessen zu haben scheinen. Die Totallänge der Kirche mit dem Chor ist 274’. Das Chor ist 95’ lang und 81’ hoch; daher galt es auch für das höchste aller Franziskaner-Kirchen am Rheinstrom. Es erhebt sich in herrlichen Verhältnissen deutscher Baukusnt. Der Abschluß des Chores ist nach dem Achteck gebildet und hat einen dreiseitigen Schluß. Seine vornehmste Zierde sind 13 in hochstrebendem Spitzbogenstil gebildete Fenster, welche ein reiches Licht in die sonst dudnke Kirche werfen. Unter den architektonischen Zierden, welche im Besondern das Bauwark schmücken, sind vor allem die Fensterrosen bemerkenswerth. Dem Hauptfenster der Westseite entspricht in der Tiefe des Chors ein Fenster, das noch besondres woh erhalten ist; seine drei fünfblätterigen Rosen sind sehr schön ausgearbeitet. Die Kirche war früher mit Grabdenkmälern, Frescomalereien, von denen noch Reste vorhandne sind, und Bildwerken reichlich geschmückt, und das große Dach prangte ehemals im Glanze glasierter Ziegel. Zwischen der Kirche, der Stadtmauer mit dem Eselthurme und dem Barfüsserplatze dehnten sich die wei-||tein Räume der Klostergebäude aus. An die Südseite der Kirche neben der Sakristei lehte sich der Kreuzgang an, in einem Viereck gebaut, ringsum mit Hallen, die vom offenen Hofe durch eine Reihe von 80 Spitzbogen getrennt waren; über diesen erhoben sich auf drei Seiten Zellen. Nach Einführung der Reformation (als Anhänger  derselben wird Pellikan, Guardian des Klosters, ehrenvoll genannt» diente die Kirche noch zwei Jahrhunderte dem evangelischene Gottesdienste. Aber gegen Ende des vorhigen Jahrhunderts nahm das Kaufhauzs von ihr Besitz, nachdem das Chor schon längst zu solchen Zwecken verwendet worden war. 1845 wurde dann die Kirche vollends zum Lagerhaus eingerichtet und dem Kaufhaus incorporirt, was mit möglichster Schonung der Architektur des vielsagenden Bauwerks geschehen ist.» 

S. 356

«Daß die Barfüßerkirche dem Kaufhause |357| nun als Lagerhaus dient, ist schon gemeldet worden. Nachdem das eidgenössische Zollgesetz festgesetzt hatte, daß mit dem Eintritt der neuen schweizerischen Zölle alle obligatorischen Kaufhausgebühren aufgehoben seien, hörte auch seit 1850 das Basler Kaufhaus auf, eine obligatorische Anstalt zu sein, wurde aber als freiwillige vom Staat besorgte und beauftragte Anstalt neu organisirt und vermochte, trotz einer Herabsetzung der Gebühren, die Concurrenz auszuhalten, da es fast ausschließlich vom Handelsstande benutzt wird. »

S. 357: Das Bild ist im Original ca. 7cm breit:

 

 

 

 

 

 

Mehr zur Barfüsserkirche: 
Fehlmann, Marc / Hofmeier, Thomas, Die Barfüsserkirche, in: Baumann & Cie, Banquiers (ed.), Basler Kostbarkeiten 39, Basel 2018; 60 S., 37 meist farbige Abbildungen, grosse Falttafel mit Plänen und Zeitstrahl.
Käuflich im Historischen Museum für 6.– CHF.

Barfüsserkirche vom Kloster zum Museum

Die beiden Pläne aus dem Festbuch zur Gründung des Historischen Museums zeigen zwei Zustände im 19. Jahrhundert.
Wir haben den Plan des Museums aus dem Jahr 1894 kurzerhand in blaue Striche verwandelt und über den älteren Zustand des Klosters gelegt. Auch wenn die beiden Pläne nicht ganz passgenau übereinander zu liegen kommen, wird deutlich wo und was geändert worden ist. Da aktuell gerade wieder am Musiksaal gebaut wird, kann bald eine weitere Ebene beigefügt werden.

Montage aus den zwei Plänen: Festbuch zur Eröffnung des Historischen Museums, Basel 1894 (Verlag E. Reich).

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